Öffentliches Recht | Nicht bei jedem Vorhaben ist Umweltverträglichkeit zu prüfen

Sonntag, 11.April 2021

Öffentliches Recht. Wird ein Vorhaben nur per Baugenehmigungsverfahren zugelassen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nötig. Es sei denn, landesrechtliche Regelungen verlangen es ausdrücklich.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Februar 2021, OVG 2 N 58.19

Der Fall

Die Eigentümer eines Wohnhauses in Berlin wandten sich mit einer Nachbarklage gegen einen Lebensmittelmarkt, der in unmittelbarer Nähe ihres Grundstücks errichtet werden sollte. Für den Bau des Supermarkts wurde eine Baugenehmigung erteilt, ohne dass im Baugenehmigungsverfahren mögliche Auswirkungen auf die Umwelt mittels einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder entsprechender Vorprüfung untersucht worden waren. Darauf bezogen sich die Kläger in ihrer Klagebegründung.

Die Folgen

Die Eigentümer drangen mit ihrer Klage nicht durch; die Baugenehmigung ist rechtmäßig. Insbesondere ist sie nicht deshalb rechtswidrig, weil im Baugenehmigungsverfahren keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Prüfung) durchgeführt wurde. Zwar unterliegt ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb grundsätzlich dem Anwendungsbereich des bundesgesetzlichen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Die Pflicht zur Durchführung einer UVP-Prüfung bzw. einer entsprechenden Vorprüfung besteht nach dem Gesetz allerdings nur, wenn für das jeweilige Vorhaben ein Bebauungsplan aufgestellt oder geändert wird. Im Baugenehmigungsverfahren gilt die Pflicht zur UVP-Prüfung dagegen nur dann, wenn dies durch den jeweiligen Landesgesetzgeber gesondert angeordnet worden ist. Eine solche Regelung gibt es in Berlin nicht.

Was ist zu tun?

Kraft unionsrechtlicher Vorgabe sollen umfangreiche und eingriffsintensive Bauvorhaben nur dann durchgeführt werden, wenn zuvor mögliche Auswirkungen auf die Umwelt untersucht worden sind. Nach der geltenden Rechtslage, nun bestätigt durch das OVG Berlin-Brandenburg, kann es jedoch dazu kommen, dass auch eingriffsintensive Vorhaben gänzlich ohne vorherige UVP-Prüfung errichtet werden. Das gilt dann, wenn diese Bauvorhaben ohne die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans auskommen, weil ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit etwa nach § 34 BauGB beurteilt wird und ihre Zulassung ausschließlich im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens erfolgt. Da jedenfalls der Berliner Landesgesetzgeber bisher aber keine UVP-Prüfung in das Baugenehmigungsverfahren integriert hat, findet eine solche Prüfung auch nicht statt. Um den Anforderungen des EU-Rechts gerecht zu werden und seiner Umsetzungspflicht nachzukommen, kann aber davon ausgegangen werden, dass der Landesgesetzgeber früher oder später tätig wird und die Prüfpflicht des UVPG auch in das Baugenehmigungsverfahren inkorporiert. Vorhabenträger sollten deshalb eine entsprechende gesetzgeberische Initiative im Blick behalten.

Quelle: Immobilienzeitung vom 08. April 2021 | IZ14-2021 | Seite 12