Steuerrecht | Bei Mischnutzung kann der Umsatzschlüssel genutzt werden

Dienstag, 27.April 2021

Steuerrecht. Unterscheiden sich die Baukosten bei gemischt genutzten Gebäuden je nach Nutzung besonders stark, sind die Vorsteuerbeträge nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen.

BFH, Urteil vom 11. November 2020, Az. XI R 7/20

DER FALL

Der Kläger errichtete ein gemischt genutztes Gebäude, bestehend aus einem Stadtteilzentrum und einem Seniorenwohnheim. Die Errichtungskosten für die beiden Gebäudeteile unterschieden sich stark. Der Bauherr wollte die Kosten zunächst nach einem Flächenschlüssel geltend machen, also nach dem Anteil der steuerpflichtig verpachteten Flächen des Gebäudes an der Gesamtfläche. Dann aber entschied er sich für einen objektbezogenen Umsatzschlüssel, der sich am Anteil der steuerpflichtigen Umsätze des Gebäudes an den gesamten Umsätzen orientiert. Finanzamt und Finanzgericht verwehrten dies. Der BFH gab dem Kläger inhaltlich Recht, verwies aber wegen einer Tatsachenfrage zurück an das Finanzgericht.

DIE FOLGEN

Der BFH bestätigte seine Rechtsprechung, wonach auf Basis der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung Vorsteuern bei gemischt genutzten Gebäuden zunächst den Ausgangsumsätzen zuzuordnen und nur, wenn dies nicht zu einem sinnvollen Ergebnis führt, nach einem anderen Maßstab aufzuteilen sind. In dem vorliegenden Fall mit ganz unterschiedlich hohen Errichtungskosten für die vorsteuerabzugsberechtigten bzw. nicht-abzugsberechtigten Nutzungen führt dies typischerweise dazu, dass die Vorsteuer nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufgeteilt wird.

WAS IST ZU TUN?

Die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden ist ein Thema für leidensfähige Genießer. Der Vorsteuerabzug muss immer wieder kontrolliert werden. Nutzungs-, Erhaltungs- und Unterhaltungsaufwendungen sind nach Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Für die Kosten der Errichtungs- oder Anschaffungsphase ist dies aber im Normalfall noch nicht sinnvoll möglich. Daher ist die Aufteilung auf Basis eines Flächenschlüssels grundsätzlich „präziser“, so der BFH. Dies gilt jedoch nicht, wenn wiederum der Umsatzschlüssel präziser ist, etwa bei stark unterschiedlichen Herstellungskosten der verschieden genutzten Gebäudeteile oder wenn keine sinnvolle Gesamtfläche zu ermitteln ist, z.B. bei Aufwendungen für Dach und Innenflächen. Dann ist der objektbezogene Umsatzschlüssel anzusetzen. Diesem aber kann in Ausnahmefällen, z.B. bei dem Verwaltungsgebäude eines Betriebs, der allgemeine Umsatzschlüssel des Unternehmens oder – etwa bei abwechselnder Nutzung der Flächen – ein Nutzungsschlüssel vorgehen. Da der Unternehmer durch einen einmal gewählten Vorsteuerschlüssel nicht gebunden ist, ist auch während der Bau- und Betriebsphase zu kontrollieren, ob sich eventuell Anpassungsbedarf ergibt.

Quelle: Immobilienzeitung vom 22. April 2021 | IZ16-2021 | Seite 12