Zivilprozessrecht | Keine Streitverkündung gegenüber der Hauptpartei im Bauprozess

Dienstag, 06.April 2021

Zivilprozessrecht. Gegenüber den Parteien eines Rechtsstreits ist eine Streitverkündung, etwa um eine Verjährungshemmung zu erreichen, nicht zulässig. Denn sie sind nicht „Dritte“ im Sinne der Zivilprozessordnung.

OLG Dresden, Beschluss vom 7. Januar 2021, Az. 6 W 832/20

DER FALL

In einem Prozess zwischen einem Auftraggeber als Kläger und einem Bauunternehmen als Beklagtem verkündet das Bauunternehmen dem Planer den Streit. Der Planer lehnt es ab, auf Seiten des Bauunternehmens beizutreten, und tritt dem Rechtsstreit stattdessen auf Seiten des Auftraggebers bei, von dem er mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt worden war. Der Planer seinerseits verkündet dem Bauunternehmen den Streit, was dieses aber für unzulässig hält. Auf eine entsprechende Feststellungsklage hin bewertet das LG die Streitverkündung ebenfalls als unzulässig. Dagegen erhebt der Planer sofortige Beschwerde.

DIE FOLGEN

Das OLG Dresden bestätigt die Auffassung des LG: Es kann keine Streitverkündung gegenüber einer Hauptpartei des Rechtsstreits erfolgen. Das Institut der Streitverkündung verfolgt den Zweck, einen am Prozess unbeteiligten Dritten vom Schweben eines Prozesses zu benachrichtigen. Auf diese Weise soll er die Möglichkeit zur Prozessbeteiligung bekommen. Ein solcher Dritter im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO ist eine Partei gerade nicht.

WAS IST ZU TUN?

In Bauprozessen werden regelmäßig wechselseitige Streitverkündungen ausgesprochen, u.a. wegen der damit verbundenen Verjährungshemmung. Aber nur, wenn die Streitverkündung zulässig ist, wird die Verjährung gehemmt und die sogenannte Interventionswirkung tritt ein, d.h. das Gericht des Folgeprozesses ist an die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen des Vorprozesses gebunden. Ist eine Streitverkündung gegenüber einer Partei jedoch nicht möglich, müssen deren Wirkungen anderweitig herbeigeführt werden. Denkbar ist es, eine Feststellungsklage zu erheben, gerichtet auf die Feststellung, dass derjenige, demgegenüber eine Streitverkündung nicht möglich ist, als Gesamtschuldner zum Ausgleich verpflichtet ist. Zum anderen besteht die Möglichkeit, mit dem potenziellen Streitverkündungsempfänger eine Vereinbarung abzuschließen, wonach die Wirkungen der Streitverkündung im Rechtsverhältnis der beiden eintreten sollen. Diese Vorgehensweise sollte den Vorzug erhalten, vor allem um nicht einzig aus Gründen der Verjährungshemmung ein weiteres Gerichtsverfahren anstrengen zu müssen. Die Vereinbarung muss jedoch hinreichend bestimmt und umfassend sein, um spätere Diskussionen über Inhalt und Wirkung zu vermeiden. Wird dagegen eine unzulässige Streitverkündung gegen eine Partei ausgesprochen, so kann diese, wenn dies verjährungstechnisch sinnvoll ist, ihrerseits bereits im Erstverfahren die Unzulässigkeit rügen und feststellen lassen.

Quelle: Immobilienzeitung vom 01. April 2021 | IZ 13-2021 | Seite 12