Steuerrecht | Enteignung kein privates Veräußerungsgeschäft?

Freitag, 05.April 2019

Wird ein Grundstück enteignet, erzielen Eigentümer aus dem Veräußerungsgeschäft manchmal einen Gewinn. Muss dieser als Spekulationsgewinn versteuert werden? Ein solcher Fall liegt nun beim Bundesfinanzhof.

Normalerweise gilt: wenn man eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf mit Gewinn verkauft, muss dieser versteuert werden (sog. Spekulationssteuer).

Wird ein Grundstück oder Haus von der Stadt enteignet, müssen Eigentümer einen hieraus erzielten Gewinn nicht versteuern. Das hat das Finanzgericht Münster entschieden (Urteil vom 28.11.2018 – 1K 71/16 E ). „Das Urteil ist für alle Immobilieneigentümer wichtig, die innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung des Grundstücks enteignet werden“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler.

Im verhandelten Fall hatte der Kläger ein unbebautes Grundstück für 425.000 Euro gekauft. Drei Jahre später enteignete es die Stadt im Rahmen eines Bodensonderungsverfahrens und entschädigte den Eigentümer mit 600.000 Euro. Das Finanzamt sah dies als privates Veräußerungsgeschäft und stellte einen steuerpflichtigen Gewinn von rund 175.000 Euro fest.

Zu Unrecht, entschied das Finanzgericht Münster. Demnach ist eine Enteignung nicht als freiwilliges Veräußerungsgeschäft anzusehen: Es fehle dem Verkäufer an einem rechtsgeschäftlichen Verkaufswillen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – das Finanzgericht hat Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Verfahren ist jetzt vor dem Bundesfinanzhof anhängig (IX R 28/18).

„Dennoch profitieren auch andere Steuerzahler von dem Gerichtsverfahren“, sagt Klocke. Verlangt das Finanzamt für den Gewinn aus einer angeordneten Enteignung Spekulationssteuer, kann man Einspruch gegen den Bescheid einlegen und beantragen, das Verfahren ruhen zu lassen. Dann bleibt der eigene Steuerfall bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dem Präzedenzfall offen und kann später noch geändert werden. „Der Vorteil liegt darin, dass man nicht selbst klagen muss, es genügt ein Einspruch“, so Klocke. Zur Begründung des Einspruchs empfiehlt sich die Angabe des Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof. Quelle: ntv Nachrichten und Beck-Aktuell